Redebeitrag vom Kiezpalaver auf dem Großgörschenstraßenfest am 04.09.2016
Liebe Nachbarinnen und Nachbarn,
Allein machen sie dich ein!
Diese Erkenntnis führte uns dazu, uns am 10. September 2014 zum Kiezpalaver zusammenzuschließen.
In verschiedenen Initiativen als Mieterinnen und Mieter, als BewohnerInnen des Schöneberger Kiez hatten wir ähnliche Erfahrungen gemacht: fragwürdige energetische Sanierungen wie in der Gleditschstr. führten zu horrenden Mietsteigerungen, in der Alveslebenstr. wurde die Fassade übertüncht und der neue Eigentümer Tarsap wandelt die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen um. In der Grunewaldstr. 87 versuchte der Eigentümer durch die menschenunwürdige Unterbringung von Romafamilien gleichzeitig Profit aus deren Not zu schlagen und die angestammten BewohenrInnen aus dem Haus zu vertreiben. Am Kleistpark wehrt sich die BI Kleistpark gegen die Bebauung des Areals. Die BI Wannseegraben konnte nur dank einer erfolgreichen Klage des BUND und des Vetos der Bahn verhindern, dass der sog. Crelleurwald gerodet und zubetoniert wurde. Die BI Bautzener Brache kämpft gegen die Zubetonierung der Freifläche durch ein Großbauprojekt und beklagt: „Teurer Wohnungsneubau, der den Investoren saftige Gewinne verspricht, ist eine aktuelle Anlagestrategie für Vermögende, aber keine Lösung für das Wohnungsproblem in Berlin.“ „Erst durch einen politischen Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung wurde das Baurecht geschaffen und damit eine Wertsteigerung des Grundstücks bewirkt.“
Liebe Nachbarinnen und Nachbarn: Es ist immer das gleiche Lied: Gentrifizierung bedeutet nicht einfach Veränderung im Kiez, ärmere Bevölkerungsteile werden verdrängt, die Natur zerstört, es geht um Profit und Rendite auf Kosten menschenwürdigen Wohnens und Lebens.
Dagegen wehren wir uns gemeinsam, treffen uns regelmäßig und versuchen unseren Protest zu koordinieren. Informationen über unsere Arbeit und Termine könnt ihr auf unserer webside: stopptdenkiezverkauf erfahren.
Nun werfen uns einige vor allem auch grüne Schlaumeier und Schlaumeierinnen vor: wir lebten hinter dem Mond und hätten verschlafen, dass Berlin eine dynamisch wachsende Stadt sei.
Nein, verehrte Politikerinnen und Politiker. Wir haben nichts gegen Zuzug. Nur, wer das nötige Kleingeld hat, kann und soll sich ein Eigenheim im Grünen leisten. Wir wehren uns aber dagegen, dass z.B. Migrantinnen und Migranten, dass ältere, dass ärmere Menschen, mit denen wir viele Jahre in der Nachbarschaft zusammen-gelebt haben, aus dem Kiez durch die Gentrifizierung vertrieben werden. Der soziale Wohnungsbau wurde gekappt, öffentliches Eigentum wurde verhökert, städtische Wohnungsbaugesellschaften verscherbelt und die Sozialbindung zehntausender Sozialwohnungen aufgehoben: das ist das Problem und nicht der Zuzug von Menschen.
Sicher Wohnen, starkes Berlin, wir geben ein sicheres Zuhause: Ja, glauben die denn, wir hätten nicht alle Latten im Zaun, wir könnten nicht eins und eins zusammenzählen und wären blind vor der sozialen Realität? Berlin bleibt sozial. Ja, glauben die denn, wir wüssten nicht, dass allein die Zahl der Menschen, die mit über 75 Jahren immer noch arbeiten müssen um ihr Überleben zu finanzieren in den letzten Jahren um 20% gestiegen ist. Alles auf Grün? Na, dann spendiert uns wenigstens grüne Farbe von Hellweg, damit wir euren Beton grün anstreichen können.
Uns reicht`s . Niemand vertritt uns besser als wir selbst.
So wie uns in Schöneberg geht es vielen Menschen in Kreuzberg, Lichtenberg, Neukölln oder Friedrichshain. Daher heraus auf die Straße zur gemeinsamen außerparlamentarischen Mietenstop-Demonstration am Samstag um 14.00 Uhr ab Platz der Luftbrücke.
Wir wenden uns an alle Menschen, die es satt haben, dass:
- Ihr Geldbeutel tagtäglich von immer höheren Mieten geplündert wird
- Die Nachbarn und Bekannten aus ihren Wohnungen vertrieben werden
- Der bezahlte Lohn ein Hohn und das Jobcenter die Hölle ist
- Immer mehr Natur und Freiräume in der Stadt zubetoniert werden
- Rechte Rattenfänger Wohnungssuchende und andere Menschen gegeneinander ausspielen
- Im Wahlkampf sozial geredet und danach für die Interessen der Reichen munter weiter regiert wird.
Stoppt den Kiezverkauf! Stoppt den Ausverkauf der Stadt!